Norwegen - Verschiedenes   



Norwegische Baustile

Bis auf wenige Ausnahmen dominierte in Norwegen Holzbebauung, angefangen von Bauernhäusern und Höfen, über die legendären Stabkirchen bis hin zu den Stadthäusern der Reichen und einer Villen- und Hotelarchitektur. Ausländische Moden und Einflüsse beeinflußten die Architektur wesentlich, wenn auch eigene Elemente und regionale Traditionen mit einflossen. Interessante Akzente schuf die Umsetzung europäischer (Stein-) Baustile in norwegische Holzarchitektur. Lediglich in Städten mit verheerenden Bränden waren gemauerte Häuser im Zentrum zeitweise vorgeschrieben, erst in neuere Zeit setzt sich in den Städten eine feste Bebauung durch. Auf dem Land und in kleinen Ortschaften wird nach wie vor die traditionelle Holzbauweise bevorzugt.

1. Traditionelle Blockhäuser mit Grasdächern: Die schon immer bäuerlich geprägte norwegische Kultur bevorzugte über Jahrhunderte die einfache Blockbauweise aus mehr oder minder behauenen Stämmen mit einem Grasdach. Das Grasdach war so einfach wie genial: Auf ein Lattengerüst wurde Birkenrinde aufgebracht, darauf eine Schicht Kies, dann Torf und schließlich Grassoden. Dieses lebendige Dach hielt im Winter schön warm und im Sommer schön kühl, haltbar war es ca. 30-40 Jahre und somit eine Generation lang.

2. Klassizismus: Inspiriert durch die Ausgrabungen von Herculaneum und Pompeii um 1740 wächst das Interesse an der Antike und seinen Baustilen. Setzt sich zum Ende des Jahrhunderts in Norwegen durch, die erste Phase wird nach dem zeitgenössischen französischen König Ludwig XVI auch "Louis-seize" genannt.

3. Empire: Weiterentwicklung des Klassizismus mit neueren Elementen und einem schwereren und pompöserem Ausdruck. Seit 1810 in Norwegen führend. Typisch sind Portale und Fensterverkleidungen, aber auch symmetrische Fassaden und klare Linien.

4. Spätempire: Weniger detailreicher und zurückhaltender, als Baustil eher nüchtern. Klare Linien, symmetrisch. Die seit 1850 maschinell gehobelten Bretter mit Nut und Feder erlauben jetzt glattere Hauswände.

5. Historismus: Seit ca. 1850 bis um 1930. Wildes Mischmasch mit Anleihen aus allen Stilen: Romantik, Gotik, Barock und Klassizismus, oft gemischt mit Jugendstil, in Norwegen auch mit Schweizerstil.

6. Schweizerstil: In Norwegen ab ca. 1840 sehr populärer Baustil, der ursprünglich auf deutsche Architekten zurückgehen soll, die sich von Schweizer Alpenhäusern inspirieren ließen. Kennzeichnend sind große Dachüberhänge, verzierte und durchbrochene Giebel, großzügige, oft verzierte Fenster. Villen im Schweizerstil haben oft Veranden, Wintergärten und verkleidete Brüstungen.

7. Jugendstil (art nouveau): Ab ca. 1890 bis ca. 1930. Es dominieren geschwungene Linien, Blumen- und Bänderornamentik. In seiner norwegischen Spielart (Åesund!) auch oft mit Ornamenten in der Tradition von Wikingerschnitzereien ("Drachenstil"). Dort Anlehnung an mittelalterliche Türmchen- und Erkerarchitektur, speziell norwegisch auch oft mit grobbehauenen Steinen, obwohl der Jugendstil sonst Rundungen verlangt. Dächer haben gerne einen Knick im Gefälle (Mansardendach). Als Kunstrichtung oft mit Frauen/Mädchenmotiven.

8. Funktionalismus (Moderne): Ab ca. 1920, verlangt gerade, glatte Formen und Wände, Würfelformen und flache Dächer. Keine Verzierungen, Reaktion auf die Verspieltheit des Jugendstils.

9. Spätmoderne: Ca 1950 bis 1980. Es gilt weiter die Formgebung des Funktionalismus, aber Größe, Schnelligkeit und Effektivität drängt architektonische Qualität in den Hintergrund. "70er-Jahre-Architektur", Häßlich.

10. Postmoderne: Seit ca. 1980. Faßt alles zusammen, was nach der Moderne kommt. Die mangelnde Ästhetik der Spätmoderne soll überwunden werden, oft Verbindung moderner Formensprache mit Elementen früherer Epochen. Als sogenannte "Anpassungsachitektur" sollen neue Häuser harmonisch in ein gewachsenes Umfeld eingehen und trotzdem ihre Modernität nicht verleugnen.

Zu Stabkirchen siehe gesonderte Ausarbeitung (folgt später).

© 1998/2000, Ronny Nisz


Norwegische Orts- und Landschaftsnamen

In wohl kaum einem Land Europas lassen sich so viele Orts-, Städte- und Landschaftsnamen auf ihre sprachlichen Ursprünge zurückführen wie in Norwegen. In den meist aus mehreren Wörtern zusammengesetzten Eigennamen dominieren Bezeichnungen der Landschaft oder der frühen menschlichen Landnahme. Da Norwegen zwei Landessprachen und regionale Dialekte hat, es zudem oft keine einheitliche oder zwingende Schreibweise gibt und einige Bezeichnungen sehr alt sind, kommen manchmal leichte Abweichungen vor. Zudem gibt es für landschaftliche Erscheinungen oft mehrere Bezeichnungen, die sich nur annähernd übersetzen lassen.

Probieren Sie es selbst! Mit ein bisschen Phantasie und Geschick lassen sich viele Namen enträtseln.

    ås(en) = Höhenrücken, langer Hügel
    bekk = Bach
    borg = Burg
    brei = breit
    by = Stadt/Dorf
    dal = Tal
    eng = Wiese
    fjell = Berg
    grend = kleine Hofansammlung
    holm(e) = Insel
    høgde = Höhe
    hamn, -havn = Hafen
    hus = Haus
    kval = Wal
    land = Land
    moen = Ebene, Weide
    nes = Landzunge, Landspitze
    ø, -øy, -øya = Insel
    seter, -setra = Sommerweide, Almhof
    skog = Wald
    stølen = (Hoch-)Gebigsweide, Sommerhof
    tun = Hofgebiet
    våg, vig = Bucht
    vær = Fischerdorf
    ven = Schön
    vin = Weide
    Breid- = breit
    Gardstun = Hofgebiet, Hofgebäude
    bakk(e) = Steigung
    bø = Anhöhe
    botn = Boden, Niederung
    bu, -bua = Häuschen, Bude
    bygd = größere Hofansammlung
    eid = Flußenge, Wasserenge
    enden = Ende
    foss = Wasserfall
    haugen = kleiner Hügel
    holt = Wäldchen, Schonung
    hammer = gebirgige Anhöhe
    heia = (unbewaldete) Höhe
    jord = Erde
    kvit = Weiß
    li = steile Steigung, Hang
    myr(-a, -en) = Morast, Sumpf
    ør = seichte Bucht
    rud = kleinere Rodung
    sjø = See
    tad = Stelle, Platz
    tind(-ene) = Zinne
    tuva = Grashügel
    vang = größere Rodung
    vas, -vatn, -vann = See
    vidda = Hochebene
    vold, -voll = Hügel, Bergkuppe
    Stor- = Groß
    Skanse = Schanze

© 2000, Ronny Nisz


Der Pomorhandel in der Finnmark

In der Zeit von ca. 1800 an erlebte der Pomorhandel seine große Blüte. Russen von der Kola-Halbinsel und von weiter her versorgten die schnell wachsende Bevölke-rung der Finnmark mit Waren wie Getreide, Mehl, Taue, Teer und (Bau-)holz und erhielten im Gegenzug Hering, Dorsch und andere Fische und Fischprodukte, ferner Kaffe und Zucker, die über das bis hier eisfreie Meer angeliefert werden konnten. Die am Handel beteiligten Schiffe wurden "Pomorschiffe" genannt. Handelssprache war ein eigenes Mischmasch aus Norwegisch, Englisch, Niederländisch und Russisch. Der Handel war für beide Seiten von großer Bedeutung: Die Finnmark erzeugte nicht genug eigene Landwirtschaftliche Produkte, die Russen benötigten Fisch für die lange Fastenzeit der russisch-orthodoxen Kirche. Die Bevölkerung der Finnmark wuchs damals rasch durch die Zuwanderung von Finnen. Ortsnamen wie Russenes und Finnsnes erinnern heute noch an diese Zeit. Die russische Revolution setzte dieser Handelstradition ein Ende.

© 2000, Ronny Nisz


Die "Statsraad Lehmkuhl" - das maritime Wahrzeichen von Bergen

Wenn sie nicht gerade im Charterverkehr unterwegs ist, liegt sie an einem kleinen Kai unweit des Rosenkrantzturmes am Vågen bei Bryggen. Die stattliche Dreimastbark "Statsraad Lehmkuhl", 1978 vom norwegischen Parlament für erhaltenswertes Kulturgut erklärt, ist auch ein Stück deutsch-norwegische Geschichte mit allen ihren Höhen und Tiefen.

Das Schiff wurde 1914 als stählerne Dreimastbark auf der Johann C. Tecklenburg Werft in Bremerhaven-Geestemünde als Schulschiff gebaut und unter dem Namen "Grossherzog Friedrich August" in Dienst gestellt. Während des I. Weltkrieges diente es als stationäres Schulschiff und kam nach dem Krieg als Beute und Reparation nach England . 1923 wurde der Segler vom Verband Norwegischer Reeder aufgekauft, auf Initative des Dirktors der Bergenser Schiffahrtsgesellschaft "Det Bergenske Dampskibsselskap", Kristofer Lehmkuhl. Ihm zu Ehren, der auch als Minister der ersten unabhängigen norwegischen Regierung ab 1905 tätig war, wurde das Segelschiff in "Statsraad Lehmkuhl" umbenannt.

Noch im Jahr des Erwerbs wurde eine geglückte Probefahrt mit 200 Kadetten durchgeführt, ein Jahr später (1924) übernahm die Stiftung "Bergens Skoleskip" das Schulschiff. Bis 1966 befand es sich in ihrem Besitz, lediglich in den Kriegsjahren 1940 bis 1945 wurde es von den deutschen Besatzern requiriert. Unter dem Namen "Westwärts" diente es. u.a. als Sanatorium für genesende Offiziere.

Mitte der sechziger Jahre stand es schlecht um die "Statsraad Lehmkuhl". Steigende Betriebskosten, sinkende Kadettenzahlen und ausbleibende staatliche Unterstützung führten zu Überlegungen, das Schiff zu verkaufen. Wieder erwies sich ein Bergenser als Retter in der Not: Hilmar Reksten, ein bekannter und wohlhabender Reeder, erwarb das Schiff im Jahre 1967. Bis 1972 betrieb er den Segler auf eigene Kosten und viele Schiffsjungen konnten Lehrgänge absolvieren. Nach der Ölkriese 1973 wurde das Schiff im Hafen von Bergen vertäut, bis es 1978 in das Eigentum der "Stiftung Segelschiff Statsraad Lehmkuhl" überging. Die Stiftung betreibt das Segelschiff bis heute.

Gegen Ende der neunzigen Jahre wurden umfangreiche Umbauten vorgenommen, um das Schiff den modernen Sicherheitsstandards und Vorschriften anzupassen. Dennoch wurde sehr behutsam vorgegangen, um den historischen Charakter des Schiffes und den visuellen Gesamteindruck so unbeschadet wie möglich zu lassen. Heutzutage kann, entsprechendes Portefeuille vorausgesetzt, jeder das Schiff chartern und eine stilechte Seereise unternehmen, inclusive des Übernachtens im Mannschaftdeck in einer Hängematte in der unmittelbaren Gesellschaft der Mitreisenden.

Bei internationalen Schulschiffregatten erwies sich die "Statsraad Lehmkuhl" als äußerst erfolgreich. Es wurden bei Regatten zahlreiche Preise gewonnen:

Um die Erfolge des Seglers richtig beurteilen zu können, muß man wissen, das es bereits vom Konstrukteur 1914 untertakelt wurde, d.h. es wurde aus Sicherheitsgründen mit weniger Segelfläche als möglich ausgestattet. Bei wenig Wind ist dies ein Nachteil, bei gößeren Windstärken rühmen Kenner jedoch die hervorragenden Segeleigenschaften.

Technische Daten:

Adresse/Information:

© 09/99 Ronny Nisz, u.a. basierend auf einer Broschüre der Stiftung von 06/98


22.11.2000, Reiseleiter Ronny, Norwegen